GUERILLA-MARKETING

Guerilla-Vermarktung ist eine Wortschöpfung des Marketing-Experten Jay C. Levinson aus der Mitte der 1980er–Jahre, der damit ungewöhnliche Vermarktungsaktionen bezeichnet, die mit geringem Mitteleinsatz eine große Wirkung versprechen. Der Begriff Guerilla leitet sich dabei von der speziellen Art der Kriegsführung ab, bei der untypische Taktiken zur Zielerreichung im Hinterland des Gegners durchgeführt werden. Laut Hutter/Hoffmann (2011) umfasst Guerilla-Marketing »verschiedene kommunikationspolitische Instrumente, die darauf abzielen, mit vergleichsweise geringen Kosten bei einer möglichst großen Anzahl von Personen einen Überraschungseffekt zu erzielen, um so einen sehr hohen Guerilla-Effekt (Verhältnis von Werbenutzen und -kosten) zu erzielen«.

Mit einem sehr kleinen Etat wird das Medium oder der Absatzkanal gewählt, der jeweils günstig zu erhalten ist. Beispiele sind etwa Kooperationsgeschäfte mit großen, lateral im Markt tätigen Unternehmen, der Aufkauf von Rest-Werbesekunden in den Medien, das Verfassen von Leserbriefen oder das Abhalten von Podiumsdiskussionen und die Gründung politischer Initiativen mit dem Ziel, das eigene Angebot herauszustellen. Die Grenze zu kontroversen oder irreführenden Methoden – zum Beispiel Astroturfing – ist oft fließend.

Die Grundidee der Guerilla-Vermarktung, die Levinson auch in seinem Buch Guerilla Marketing – Offensives Werben für kleine und mittlere Unternehmen in den 1990ern publizierte, wurde weiter modifiziert. Denn insbesondere die gravierende Veränderung der Zielgruppen- und Medienlandschaft stellte die Strategie vor gänzlich neue Herausforderungen. Heutzutage positioniert Thomas Patalas seine Theorie des Guerilla-Marketing, die den Kunden in den Mittelpunkt stellt: »Der Kunde möchte in Ihrer Kommunikation, also auch in Ihrer Guerilla-Marketing-Kampagne, den auf ihn passenden, ›echten‹ Nutzen vorgestellt sehen«. Aus diesem Grund sind seiner Meinung nach auf Massenwerbung ausgerichtete Kampagnen niemals als Guerilla-Marketingmaßnahmen zu bezeichnen, weil sie den Kunden lediglich zum Konsumenten der Werbung degradieren, anstatt eine Reaktion von ihm einzufordern, also eine Interaktion einzugehen.

Nach Levinson definiert sich Guerilla Marketing vor allem durch folgende Prinzipien:
  • Guerilla Marketing ist vor allem auf kleine Unternehmen und Selbständige ausgerichtet.
  • Es basiert im Wesentlichen auf dem gesunden Menschenverstand und weniger auf Erfahrungen, Wertungen und Vermutungen.
  • Die primäre Messgröße ist Profit- statt Umsatzanteile.
  • Ein weiterer Fokus liegt auf den monatlich neu gegründeten Kundenbeziehungen.
  • Eine Spezialisierung ist einer breiten Diversifizierung an Produkten oder Dienstleistungen vorzuziehen.
  • Anstelle des Aufbaus von neuen Kundenbeziehungen ist zunächst auf Kundenempfehlungen und weiteren Abschlüssen bei bestehenden Kunden Wert zu legen.
  • Die Kooperation mit anderen Unternehmen ist einer intensiven Wettbewerbsbeobachtung vorzuziehen.
  • Für eine Kampagne sind mehrere Marketing Instrumente zu kombinieren.
  • Zum Unternehmensaufbau ist eine bestehende Technologie einzusetzen.
  • Kundenansprachen sind vor allem individuell zu verfassen. Je kleiner die Kundenzielgruppe, desto besser.
Die Konzentration sollte vielmehr auf der Zustimmung des Kunden liegen, ihm weitere Informationen zusenden zu können, anstelle einen direkten Verkaufsabschluss zu erzwingen. Man soll seiner Kampagne treu bleiben. Ein effektiver Rhythmus ist zu verwenden, anstatt für jede Kampagne eine neuen Werbeslogan zu entwickeln.

Merkmale des Guerilla-Marketings zielen zum Beispiel auf die kreative Umsetzung einer Werbebotschaft ab. Da Werbung für verschreibungspflichtige Medikamente bei den Endverbrauchern in Deutschland – wie auch in den meisten anderen Ländern weltweit – illegal ist, hat sich auch hier Guerilla-Marketing in verschiedenen Formen weit verbreitet. Besonders Patientenorganisationen sind in den vergangenen Jahren den übergriffigen Methoden des Guerilla-Marketings ausgesetzt gewesen. Guerilla-Marketing ist unabhängig vom eingesetzten Werbeträger und Werbemittel realisierbar.

In den letzten Jahren wird Guerilla-Marketing vermehrt illegal auf öffentlichen Flächen betrieben, auf denen häufig in großer Zahl Aufkleber oder Plakate angebracht werden. Die Werbetreibenden nehmen dabei die verhältnismäßig geringen Bußgelder in Kauf, die meist in keinem Verhältnis zum Werbeerfolg stehen. Guerilla-Marketing kommt außerdem im Schutz der Anonymität der Internetforen zum Einsatz, in denen Werbebotschaften gezielt in entsprechende themenbezogene Communitys eingestreut werden.

TAKTIKEN

In der Guerilla-Vermarktung gibt es zahlreiche unkonventionelle Marketing-Taktiken, so dass die folgenden Beispiele nur eine kleine Auswahl darstellen:
  • Mundpropaganda
  • den Konsumenten bei seiner täglichen Tätigkeit erreichen, zum Beispiel durch E-Mails
  • Sticker- und Plakat-Kampagnen mittels statisch aufgeladener und daher selbst haftender Folien
  • »Stirn/Headvertise«-Kampagnen
  • Bluejacking: Senden einer persönlichen Nachricht via Bluetooth
  • Fahrzeugwerbung
  • T-Shirts
  • Schleichwerbung
  • Werbung auf dem Kassenbon
  • Streetbranding: Einbringen negativer Schablonenbilder in verschmutzte Straßen oder Wände
  • Projektion von Bildern, Texten oder Videos auf öffentliche Flächen mit Videoprojektor oder Laser
Ursprünglich hatten kleinere und mittlere Unternehmen Guerilla-Marketing genutzt; heutzutage greifen auch Großunternehmen im Rahmen von Werbekampagnen darauf zurück.

Die vier am häufigsten in Werbekampagnen und Fachliteratur anzutreffenden kommunikationsbasierten Instrumente des Guerilla-Marketing sind Virales Marketing, Ambush Marketing, Ambient-Medien sowie Sensation Marketing. Hutter/Hoffmann (2011) ordnen verschiedene Guerilla-Maßnahmen drei grundlegenden Strategien zu: Trittbrettfahrer-Marketing (zum Beispiel Moskito-Marketing und Ambush-Marketing), Empfehlungs-Marketing (zum Beispiel Viral-Marketing und Buzz-Marketing) und Lebensumfeld-Marketing (zum Beispiel Ambient-Marketing und Sensation-Marketing).

Quelle: Wikipedia